Nach mehrjährigen Vorarbeiten zur Modernisierung des
schweizerischen Patentsystems haben Nationalrat und Ständerat am 15. März 2024
die lange erwarteten Änderungen des Patentgesetzes beschlossen. Ein
modernisiertes Schweizer Patentsystem soll insbesondere die Qualität von
Schweizer Patenten erhöhen, was aufgrund der verbesserten Rechtssicherheit
sowohl für die Patentinhaber selbst als auch für die Öffentlichkeit
wünschenswert ist.
Nach Ablauf der Referendumsfrist kann der Bundesrat die
Änderungen des Patentgesetzes in Kraft setzen, was wohl frühestens 2025 der
Fall sein wird. Weiter sind noch analoge Anpassungen an der ausführenden
Patentverordnung notwendig, für die es eine öffentliche Vernehmlassung geben
werden.
Einige der für die Praxis wichtigsten Änderungen sind hier
aufgelistet:
- Die
bisher freiwillige amtliche Recherche
durch das Institut für Geistiges Eigentum (IGE) wird neu für alle
schweizerischen Patentanmeldungen obligatorisch. Dies soll die
Rechtssicherheit für Dritte erhöhen. Der amtliche Recherchenbericht wird – wie
bisher schon – veröffentlicht werden, in der Regel zusammen mit der
Patentanmeldung.
- Zukünftig
kann der Patentanmelder oder eine Drittperson innerhalb von sechs
Monaten nach Veröffentlichung des amtlichen Recherchenberichts Antrag auf eine amtliche Vollprüfung der
Patentanmeldung stellen, also eine Prüfung auf Neuheit und erfinderische
Tätigkeit, wie sie in den meisten Ländern ohnehin obligatorisch ist. Eine
derartige inhaltliche Prüfung war bisher in der Schweiz nicht möglich. Eine die
Vollprüfung beantragende Drittperson wird dabei jedoch nicht Verfahrenspartei des
Prüfungsverfahrens. Ein Antrag auf Vollprüfung wird zudem nur wirksam, wenn der
Patentanmelder auch Antrag auf normale Teilprüfung gestellt hat, er also die
Anmeldung überhaupt zur Erteilung bringen will.
- Schweizerische
Patentanmeldungen werden neu neben den Verfahrenssprachen Deutsch, Französisch
und Italienisch auch auf Englisch geprüft
und erteilt werden können. Mit dieser Massnahme können insbesondere Übersetzungskosten
eingespart werden, beispielsweise wenn ein Anmelder für weitere
Patentanmeldungen im Ausland ohnehin eine englische Fassung der Anmeldung
benötigt. Zudem entfällt das Risiko von Übersetzungsfehlern.
- Gegen
die Erteilung eines schweizerischen Patents werden betroffene
Drittparteien künftig verwaltungsrechtliche Beschwerde beim Bundespatentgericht einlegen können, innerhalb
einer Frist von vier Monaten nach der Publikation der Erteilung des
Patents. Eine solche Beschwerde durch Drittparteien hat standardmässig keine
aufschiebende Wirkung, d.h. das betroffene Patent bleibt während des
Beschwerdeverfahrens rechtskräftig und gerichtlich durchsetzbar. Eine verwaltungsrechtliche
Beschwerde war zwar schon bisher möglich, jedoch beim Bundesverwaltungsgericht,
und beschränkte sich auf formale und prozedurale Gesetzesverstösse im
Prüfungsverfahren. Für vollgeprüfte schweizerische Patente wird das neue
Beschwerdeverfahren in der Praxis eine ähnliche Funktion haben wie das
Einspruchsverfahren vor dem europäischen Patentamt für europäische Patente,
auch wenn es im Detail Unterschiede geben wird.
- Die
Erweiterung des Schutzbereichs nach
Erteilung eines schweizerischen Patents oder des schweizerischen Teils
eines europäischen Patents stellt in Zukunft einen Nichtigkeitsgrund
dar. Werden beispielsweise nach der Erteilung eines Patents in einem
verwaltungsrechtlichen Verfahren (zum Beispiel in einem europäischen
Einspruchsverfahren oder im neuen Beschwerdeverfahren vor den
Bundespatentgericht) die Patentansprüche geändert, so kann zukünftig auf
Löschung des Patents geklagt werden, falls diese neuen Patentansprüche einen
Schutzgegenstand umfassen, welcher vom ursprünglichen Patent nicht umfasst war.
Wegen des zusätzlichen Arbeitsaufwands für das IGE sind Auswirkungen auf die Patentgebühren zu
erwarten. Insbesondere die Höhe der amtlichen Gebühr für die Vollprüfung wird
entscheidend dafür sein, wie viele Patentanmelder von der neuen Möglichkeit der
Vollprüfung Gebrauch machen werden. Gemäss dem Bundesrat wird jedoch ein
relevanter Teil der zusätzlichen Kosten wohl durch eine leichte Erhöhung der
jährlichen Aufrechterhaltungsgebühren gedeckt werden.